Hassrede umfasst dabei sämtliche Äusserungen, die soziale Gruppen oder Angehörige von sozialen Gruppen aufgrund eines Merkmals herabsetzen, verunglimpfen oder sogar bedrohen. Davon betroffen sind u.a. Prominente, Sportler:innen, Wissenschaftler:innen, People of Color, Menschen mit Behinderungen, mit niedrigem Einkommen, aber auch Personen mit bestimmten Einstellungen oder auch Impfstatus.
Wirkkraft von Bildern
Forschung zur digitalen Hassrede hat sich bisher jedoch v.a. mit der Verbreitung, den Inhalten und Wirkungen von textlicher Hassrede – d.h. Hassrede im wörtlichen Sinn – auseinandergesetzt. Die visuelle Verbreitung von Hass und Hetze stand vergleichsweise selten im Fokus wissenschaftlicher Analysen. Obwohl angenommen werden kann, dass die ohnehin durch meist digitalen Hass verbreiteten negativen Folgen durch die besondere Wirkkraft von Bildern und visuellen Inhalten noch potenziert werden. Denn: Bilder binden im Vergleich zu reinen Texten mehr Aufmerksamkeit, sind in der Regel leicht verständlich und werden wahrscheinlicher erinnert. Visuelle Inhalte führen auch zu mehr Interaktionen auf sozialen Plattformen. Zudem wird insbesondere Fotos ein hohes Mass an Authentizität zugesprochen.
Das Forschungsprojekt, das von Forschenden der Fachhochschule Graubünden und der Université de Fribourg geleitet wird, widmet sich dieser Forschungslücke. Im Zentrum stehen die Fragen, welche Absender:innen, Hassobjekte, Intensitätsstufen und Stilmittel sich in der visuellen Hasskommunikation in der Schweiz identifizieren lassen. Die Hassbilder wurden mithilfe einer Datenspende, zu der die Schweizer Bevölkerung als Form der Citizen Science aufgerufen wurde, gesammelt und mit einer standardisierten Inhaltsanalyse untersucht.
Verbreitung nicht nur über etablierte Kommunikationsplattformen
Die Ergebnisse zeigen mit Blick auf die Kanäle, die zur Verbreitung von Hassbildern eingesetzt werden, dass neben den etablierten Kommunikationsplattformen wie Twitter (neu: X); Instagram und Facebook auch Plattformen als Vermittler von Hass dienen, die bisher eher nicht im Fokus der Forschung und Regulierung standen. Zum einen tragen auch publizistische Medien durch das Abbilden von Hassbildern zu einer verstärkten Reichweite der Hassbotschaften bei – auch wenn sie diese kritisch in den Artikeln besprechen. Zum anderen wurden auch Hassbilder eingereicht, die auf nutzerbasierten Versand- und Kleinanzeigenplattformen wie Amazon oder tutti.ch veröffentlicht wurden, die über hohe Nutzungszahlen und geringe Melde- und Beschwerdeoptionen verfügen.
Der Hass richtet sich überwiegend gegen Transgenderpersonen und Ausländer:innen. Auch Einstellungen stellen den Anlass von Anfeindungen dar und können als Indikator für eine polarisierte Gesellschaft gedeutet werden. Hassbilder werden in etwas gleichem Masse durch ressourcenstarke Organisationen wie bspw. Parteien als auch Individuen mit Klarnamen und Pseudonym vermittelt.
In einem nächsten Schritt werden Gegenmassnahmen von Hassbildern auf ihre Wirksamkeit getestet. Das Projekt wird durch das Bundesamt für Kommunikation gefördert.
Projektwebseite: www.hassbilder-verletzen.ch