Citizen Science wird definiert als die Beteiligung von Personen an wissenschaftlichen Prozessen, die nicht in diesem Wissenschaftsbereich institutionell gebunden sind. Beteiligungsformen reichen dabei von der Mitwirkung an der Datenerhebung bis hin zur Beteiligung an allen Schritten des Forschungsprozesses – von der Entwicklung der Fragestellung bis zur Datenanalyse und Interpretation von Forschungsergebnissen. Mit Citizen Science sind verschiedene Zielstellungen verbunden: Unterschieden wird dabei zum einen zwischen einem Mehrwert für die Gesellschaft, die durch dieses Instrument erleichterten Zugang zu wissenschaftlichen Erkenntnissen erhält und die auch verstärkt in gesellschaftliche Prozesse eingebunden wird. Zum anderen profitiert auch die Wissenschaft selbst, etwa durch die Unterstützung bei der Datenerhebung, durch neue inhaltliche Perspektiven und eine höhere Akzeptanz wissenschaftlicher Erkenntnisse in der Bevölkerung.
Mediendiskurs über das Thema Fremdplatzierung
Im Rahmen des Forschungsprojekts «Fremdplatzierung in den Medien» analysieren Forschende und Bürger:innen gemeinsam die Medienberichterstattung zum Thema Fremdplatzierung. Ziel des Projekts ist die Rekonstruktion des Mediendiskurses über das Thema Fremdplatzierung im 20. Jahrhundert. Fremdplatzierung bedeutet, dass Kinder und Jugendliche nicht bei ihren leiblichen Eltern, sondern in einer fremden Familie oder in einer stationären Einrichtung (z.B. in einem Kinderheim) aufwachsen. In der Schweiz wurden allein im 20. Jahrhundert mehrere Hunderttausend Kinder und Jugendliche fremdplatziert.
Tatkräftige Unterstützung durch Citizien Scientists
Der Fokus des Projekts liegt dabei auf einer qualitativen und quantitativen Inhaltsanalyse von überregionalen deutschsprachigen Tageszeitungen. Die Citizen Scientists sind dabei in den gesamten Forschungsprozess integriert: Sie suchen nach relevanten Zeitungsartikeln in den Archiven, analysieren die Beiträge und verfassen Ergebnisberichte. Analysiert wird beispielsweise die Sprache, die zur Beschreibung der fremdplatzierten Kinder und Jugendlichen in den Medien verwendet wurde oder wie einzelne Schicksale von Heim- oder Verdingkindern geschildert wurden. Die Fortschritte werden in regelmässigen Treffen des gesamten Projektteams diskutiert und dokumentiert. Die Projektarbeit begann im Juni 2022. Die Veröffentlichung der Ergebnisse soll im Herbst 2024 erfolgen.
«Bereichernde Erfahrung»
Sowohl die Forschenden als auch die Citizen Scientists empfinden das gemeinsame Forschen als grossen Gewinn. Ein Zitat aus einer Zwischenevaluation zum Projekt fasst dies anschaulich zusammen: «Ich habe durch die Mitarbeit an diesem Projekt unglaublich viel gelernt. Es war eine sehr bereichernde Erfahrung für mich.»
Das Projekt wird von Forschenden der FH Graubünden sowie der Universität Zürich geleitet. Es wird durch Citizen Science Zürich sowie durch SNF-Agora gefördert.
Projektwebseite: www.waswarbekannt.ch