Eine Frau steht an einem Rednerpult in einem Konferenzraum und hält einen Vortrag vor einem Publikum. An der Wand hinter ihr ist eine Folie projiziert, die ein Kreisdiagramm zeigt mit dem Titel „Würdest Du die Teilnahme an einem Citizen Science Projekt empfehlen?“. Im Publikum sitzen mehrere Personen, von denen die Hinterköpfe zu sehen sind. Der Raum hat eine neutrale Farbgestaltung, eine verzierte Deckenleiste und eine moderne Deckenleuchte mit runden Glühbirnen.
Im Oktober 2023 stellte das Projektteam in der Zentralbibliothek Zürich erste Ergebnisse vor (Foto: Zentralbibliothek Zürich / Jesko Reiling)

Gemeinsam forscht man weniger allein – ein Citizen-Science-Projekt zum Thema Fremdplatzierung

Franziska Oehmer-Pedrazzi
Bis ins 20. Jahrhundert wurden in der Schweiz zahlreiche Kinder in Pflegefamilien oder Heimen untergebracht, wo viele von ihnen Misshandlungen erfuhren. Ein Forscher:innenteam der UZH und der FH Graubünden untersuchte mit interessierten Bürger:innen die mediale Darstellung von Behördenverhalten und Lebensumständen der Betroffenen.

Der Begriff Cit­i­zen Sci­ence beschreibt die Beteili­gung von Per­so­n­en an wis­senschaftlichen Prozessen, ohne dass sie insti­tu­tionell an die jew­eilige Wis­senschafts­diszi­plin gebun­den sind. Diese Mitwirkung reicht von der ein­fachen Daten­er­he­bung bis hin zur voll­ständi­gen Par­tizipa­tion an Forschung­spro­jek­ten – inklu­sive Date­n­analyse und Inter­pre­ta­tion der Ergeb­nisse.

 

Citizen Science

Cit­i­zen Sci­ence ver­fol­gt ver­schiedene Zielset­zun­gen. Zum einen prof­i­tiert die Gesellschaft von einem erle­ichterten Zugang zu wis­senschaftlichen Erken­nt­nis­sen und deren direk­ter Ein­bindung in gesellschaftliche Prozesse. Indem Bürger:innen aktiv in solche Forschung­spro­jek­te einge­bun­den wer­den, kann Cit­i­zen Sci­ence zur Demokratisierung von Wis­sen beitra­gen. Zum anderen bietet diese Form der Wis­senschaft erhe­bliche Vorteile für die Forschen­den selb­st. Die Beteili­gung von Bürg­er­wis­senschaft­lerin­nen und ‑wis­senschaftlern erle­ichtert die Daten­er­he­bung, eröffnet neue inhaltliche Per­spek­tiv­en und steigert die gesellschaftliche Akzep­tanz wis­senschaftlich­er Erken­nt­nisse.

 

Gemeinsam mit Laienforschenden

Das Forschung­spro­jekt «Was war bekan­nt? Fremd­platzierung in Schweiz­er Medi­en» verdeut­licht die Poten­ziale von Cit­i­zen Sci­ence. Hier beteiligten sich Laien­forschende über den gesamten Forschung­sprozess hin­weg: von der The­men­find­ung über die Recherche bis hin zur Analyse und Veröf­fentlichung der Ergeb­nisse. Die Teil­nehmenden durch­forsteten eigen­ständig Archive und analysierten Zeitungsar­tikel zur Darstel­lung fremd­platziert­er Kinder und Jugendlich­er. Sie unter­sucht­en unter anderem die ver­wen­dete Sprache zur Beschrei­bung fremd­platziert­er Kinder und Jugendlich­er in den Medi­en oder befassten sich mit der Darstel­lung von Heimen und indi­vidu­ellen Schick­salen sowie der Rolle finanzieller Aspek­te. Durch diesen par­tizipa­tiv­en Ansatz wur­den neue Forschungs­fra­gen aufge­wor­fen, die die ursprüngliche Agen­da des Pro­jek­ts bere­icherten und um gesellschaftlich rel­e­vante Aspek­te erweit­erte.

 

Einer breiten Öffentlichkeit zugänglich

Während der zwei­jähri­gen Laufzeit trafen sich die Cit­i­zen Sci­en­tists regelmäs­sig, um ihre Ergeb­nisse zu disku­tieren und den Forschungs­fortschritt zu reflek­tieren. Die abschliessende Auswer­tung sowie die Doku­men­ta­tion erfol­gten weit­ge­hend eigen­ständig durch die beteiligten Bürgerwissenschaftler:innen. Schliesslich wur­den die Ergeb­nisse auf ein­er von Wolf­gang Bock erstell­ten Web­seite sowie in ein­er von Gia­da Zacheo design­ten Broschüre auf­bere­it­et, die nicht nur wis­senschaftlich fundiert, son­dern auch für eine bre­ite Öffentlichkeit ver­ständlich gestal­tet wurde (abzu­rufen unter: www.waswarbekannt.ch).

Das Pro­jekt wurde gefördert vom SNF sowie von Cit­i­zen Sci­ence Zürich.

Eine Person mit langen, roten Haaren sitzt an einem weißen Tisch, sie ist nur von hinten zu sehen. Sie liest in einem großen, aufgeschlagenen Buch oder Katalog mit dicht bedruckten Seiten. Die Person trägt ein weißes Oberteil, und am Handgelenk ist ein schwarzes Haargummi sichtbar.
Zeitungsrecherche in der Zen­tral­bib­lio­thek Zürich (Foto: Mad­dale­na Heinz­mann)
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