Das Forschungsprojekt «Merkmale und Governance von Hassbildern» analysierte die Verbreitung von Hassbildern, deren Inhalte, ihre Ziele und Absender sowie mögliche Governance-Massnahmen, um die visuelle Hassrede einzudämmen.
Die Schweizer Bevölkerung forscht
Die Hassbilder wurden im Rahmen eines Citizen-Science-Ansatzes gesammelt: Vom 3. Februar bis zum 3. März 2023 wurde eine einmonatige Kommunikationskampagne durchgeführt, bei der die Schweizer Bevölkerung aufgefordert wurde, digitale Hassbilder einzureichen. Die Analyse der Hassbilder zeigt: Neben den sozialen Medien wie X (vormals Twitter, 27.1%) oder Instagram (24.3%) wurden auch bisher wenig untersuchte Plattformen als Vermittler von Hassbildern identifiziert: So wurden auch Hassbilder auf nutzerbasierten Versand- und Kleinanzeigenplattformen wie Amazon oder tutti.ch (7%) veröffentlicht, die über hohe Nutzungszahlen, aber nur geringe Melde- und Beschwerdeoptionen zu bedenklichen Inhalten für Nutzende verfügen. Besonders beunruhigend ist auch die Beteiligung publizistischer Medien an der Verbreitung von Hassbotschaften (10%). Trotz der meist kritischen Diskussionen in den begleitenden Artikeln tragen sie durch das Abbilden von Hassbildern zur verstärkten Reichweite dieser Botschaften bei.
Hass greift vielfältig an
Die Studie kann zudem auch deutlich machen, dass sich der Hass auf den analysierten Bildern überwiegend gegen Personen aufgrund ihrer Nationalität (25%) richtet. Auch die Geschlechtszugehörigkeit (21%) wurde diskreditiert – insbesondere wurden dabei Transgenderpersonen (10.5%) angegriffen. Auch Einstellungen und Positionen wie bspw. im Ukrainekrieg, zum Klimawandel oder zum Impfen stellen den Anlass von Anfeindungen dar.
Die Hälfte der Hassbilder (50.7%) grenzen andere Personen(gruppen) mit sachlichen oder humoristischen Mitteln aus. Genau so viele Hassbilder sind jedoch deutlich aggressiv im Ton. Davon weisen 14 Prozent auch strafrechtlich relevante Inhalte wie bspw. Aufrufe zum Mord auf.
Hassbilder werden in gleichem Masse durch ressourcenstarke Organisationen wie bspw. Parteien, aber auch durch Individuen gestreut. Auffallend ist, dass sich Parteien, als einer der Grundpfeiler von Demokratien, oder auch einzelne Politiker:innen an der Verbreitung von Hassbildern beteiligen.

Wirkung von Governance-Massnahmen
Die Studie untersuchte zudem im Rahmen einer Befragung im Experimentaldesign, wie verschiedene Governance-Massnahmen die Verbreitung von Hassbildern beeinflussen können. Zu den untersuchten Governance-Massnahmen zählen: generische Counterbilder, die Hass allgemein verurteilen; spezifische Counterbilder, die inhaltliche und formelle Spezifika eines Hassbildes aufgreifen und gezielt kontern; empathische textliche Gegenrede sowie die Kennzeichnung von Hassbildern mittels eines «offiziellen» Warnhinweises (Labeling). Die spezifischen und generischen Counter-Hassbilder wurden durch Studierende des Studiengangs Multimedia Production der Fachhochschule Graubünden unter der Leitung von Tanja Hess und Andreas Mädler erstellt. Die Studie zeigt, dass empathische textliche Gegenrede sowie Counterbilder, die inhaltliche und gestalterische Spezifika eines Hassbildes aufgreifen, am wirksamsten hinsichtlich der Reduktion von Nutzendeninteraktionen wie Liken, Teilen, externes Weiterleiten oder positives Kommentieren sind. Generische Counterbilder und Warnhinweise durch Plattformen sind hingegen weniger wirksam.
Das Projekt wurde vom Bundesamt für Kommunikation gefördert. Erste Ergebnisse konnten bereits in einem Fachjournal veröffentlicht werden:
Oehmer-Pedrazzi, F., & Pedrazzi, S. (2024). “An image hurts more than 1000 words?” Sources, channels, and characteristics of digital hate images. Communications, 49(3), 421–443.
Counter-Hassbilder, die von FHGR-Studierenden, für die Studie gestaltet wurden