Die Bekanntheit und die Anwendung von virtueller Realität (VR) steigert sich nur langsam. Dennoch wird sie stark von grösseren Firmen gefördert. Keine dieser Firmen kann es sich erlauben, den Anschluss zu verpassen, wenn sie den Durchbruch in den Massenmarkt schafft. Und so macht die Technik, unbekannt für die breite Öffentlichkeit, weiterhin grosse Fortschritte.
International und auch in der Schweiz werden Produktentwicklungen für VR vorangetrieben. Die VR-Technik findet viele Anhänger im Weiterbildungs- und Ausbildungsbereich in Branchen, in denen Fehler teuer zu stehen kommen können. Sie kann praktische Anwendungen mit hohem Realitätsgrad simulieren, und ermöglicht den Benutzern, ihre Fähigkeiten situationsbezogen zu trainieren und anzuwenden.
Mit dem Projekt «Viagg-io» wird der Einsatz von VR für die Verwendung im Sprachenunterricht untersucht und exemplarisch umgesetzt. «Viagg-io» soll Schüler:innen einen Ausflug in die Kultur und Regionen der italienischsprachigen Schweiz — dem Kanton Tessin und Italienischbünden — ermöglichen. Unser Forschungsprojekt zielt darauf ab, Erfahrungen in der Produktion hochimmersiver VR zu sammeln, Methoden zu verfeinern und ein lauffähiges Produkt für die Nutzung an Schulen auf der Basis von Unity zu entwickeln. Die Umsetzung von «Viagg-io» ist geprägt durch einen sorgfältig aufeinander abgestimmten Medienmix, der auf ein möglichst realitätsnahes Erlebnis abzielt. Die dafür produzierten Medien sind für moderne VR-Brillen ohne Kabel ausgelegt, um einen flexiblen Einsatz zu gewährleisten.
«Viagg-io» soll die italienische Sprache und lokalspezifische Kultur hautnah erlebbar machen. Hierzu wurden Schauspieler ausgewählt, die dies repräsentieren, und in Situationen an ausgewählten Orten gestellt. Die Situationen sind so gestaltet, dass die Anwender:innen durch Sprechen und Handeln den Fortgang der Reise beeinflussen und darüber Italienisch üben (multilineares Storytelling).
Die Schauspieler sind mithilfe holografischer (3D-)Techniken aufgenommen, wodurch Mimik, Gestik, Kleidung und Aussehen originalgetreu wiedergegeben werden. Die lokalspezifische italienische Aussprache aus den Sprachaufnahmen trägt zur Authentizität bei.
Die Umgebungen und Räume wurden auf der Basis von Fotografien nachmodelliert und von Experten überprüft. Akustiksituationen wurden den räumlichen und örtlichen Gegebenheiten angepasst, um ein tiefes Eintauchen in die Situationen zu gewährleisten. Die Steuerung der Applikation erfolgt durch Handlungen und Sprache der Anwender:in, was das Erlebnis noch natürlicher macht. Zusätzliche Sprachinteraktionen mit künstlich generierten Sprachagenten erhöhen die Varianz der Inhalte. Eine Slideshow aus 3D-Fotografien zeigt die realen Örtlichkeiten und ergänzt das Setting.
Die grosse Bandbreite an Techniken und das interne Training der Projekmitarbeitenden sind mit grossen Herausforderungen in der Umsetzung verbunden. Nach der Fertigstellung bietet «Viagg-io» eine faszinierende Möglichkeit, die italienischsprachige Schweiz auf eine völlig neue Weise zu entdecken, u.a. an schweizer Schulen – ein Projekt, das sowohl Technologieinteressierte als auch Kulturbegeisterte begeistern wird.
